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Überwinterung
europäischer Landschildkröten
Die
Durchführung einer richtigen Überwinterung ist ein wichtiger und wesentlicher
Bestandteil der artgerechten Haltung europäischer Landschildkröten und oft
auch Voraussetzung für die erfolgreiche Vermehrung dieser Tiere.
Leider wird aus Unkenntnis oft falsch überwintert. Fehler werden sowohl
in der Vorbereitung als auch während der Überwinterung selbst gemacht.
Aus Angst vor Verlusten verzichten einige Halter ganz auf die Überwinterung,
was zumindest langfristig negative Folgen haben kann. Vielen ist es schlicht
unheimlich z.B. eine kleine „zerbrechliche“ Nachzucht für etliche Wochen in
den dunklen kalten Kühlschrank zu bugsieren.
Die nachfolgenden Ausführungen sollen helfen, Fehler zu vermeiden bzw.
einzudämmen und die Angst vor der Überwinterung zu nehmen.
1.
Der Begriff „Winterruhe“
Umgangssprachlich
oft benutzt und doch nicht ganz korrekt sind die Begriffe Winterschlaf und
Winterruhe. In Wirklichkeit fallen unsere Landschildkröten in eine „Kälte-
bzw. Winterstarre“.
Nachfolgend sind die Unterschiede kurz erläutert:
1.1. Winterschlaf
Als „ Winterschlaf“ (Hibernation) bezeichnet man den Ruhezustand gleichwarmer
Tiere (Säugetiere/Vögel ) während der kalten Jahreszeit. Dieser
Schlaf wird nötig, da den Tieren im Winter meist nicht ausreichend Nahrung
zur Verfügung steht. Äußere Faktoren wie Temperaturabsenkung und Verkürzung
der Tageslängen im Herbst, bewirken eine Umstellung des Hormonhaushalts. Die
Tiere suchen sich ein Versteck, verkriechen sich und zehren von ihren Fettreserven.Um
den Verbrauch so gering wie möglich zu halten, wird die Körpertemperatur von
über 30°C auf 7°C und darunter gesenkt und die Herzfrequenz auf 2-3 Schläge
pro Minute reduziert.
Typischer Vertreter ist der Europäische Igel.Die Beendigung
des Winterschlafs wird vermutlich ebenfalls durch externe Faktoren (Temperatur
etc.) ausgelöst. Die Tiere erhöhen durch Muskelzittern zunächst die Temperatur
des Kopfes auf normale Werte und dann den Rest des Körpers.Unterbrechungen des Winterschlafs sind eher selten.
1.2 Winterruhe
Im Gegensatz zum Winterschlaf hat die Winterruhe meist
kaum Auswirkung auf die Körpertemperatur. Gleichwarme Tiere in der Winterruhe
senken ihre Körpertemperatur nur leicht unter das Normalniveau ab und unterbrechen
ihre Winterruhe häufiger, zum Teil auch zur Nahrungsaufnahme. Einige von ihnen
legen dafür Nahrungsvorräte für die Winterzeit an. Beispiele sind z.B. das Eichhörnchen oder der Siebenschläfer.
Ausnahme bilden hier die Bären, die durch ein bestimmtes Hormon (HIT) in
der Lage sind, bis zu 7 Monate ohne Unterbrechung in einem Dämmerschlaf
zu verbringen.
1.3 Kältestarre
Im Gegensatz zu Säugetieren und Vögeln sind Amphibien und Reptilien und damit
auch Schildkröten nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur selbständig auf
dem für Stoffwechsel und Immunsystem optimalen Niveau zu halten, dass bei
über 30°C liegt.
Die Regelung der Körpertemperatur ist maßgeblich von einer externen Wärmequelle,
abhängig, die die Körperfunktionen auf Trab hält.
Mit abnehmender Intensität der Sonne und Tageslängen im Herbst, wird es für
die wechselwarmen Schildkröten immer schwerer ihre bevorzugte Körpertemperatur
durch Sonnenbaden aufrecht zu erhalten, deshalb ziehen sie sich in frostfreie Verstecke zurück. Beendet wird die Kältestarre durch dauerhaft ansteigende Umgebungstemperaturen.
2.
Warum ist eine Überwinterung notwendig?
Alle
europäischen Landschildkröten sind je nach Herkunft mehr oder weniger gezwungen
im Winter eine Kältepause einzulegen. Somit ist diese Ruhephase wesentlicher
Bestandteil der natürlichen Lebensweise und muss deshalb in Gefangenschaft
so gut wie möglich nachgeahmt werden. Außerdem ist die Überwinterung essentiell
für die Synchronisation des Fortpflanzungzyklus, so wird unmittelbar nach
Beendigung die Paarungsbereitschaft ausgelöst. Bei den Weibchen synchronisiert
das Ende der Kältestarre den Beginn bzw. die Fortsetzung der Eientwicklung.
Die
Kältestarre hat zudem Auswirkungen auf die Vitalität der Tiere, kalt überwinterte
Tiere sind im Frühjahr deutlich agiler, außerdem beugt man einer bei permanent
warm gehaltenen Tiere durchaus vorkommenden Fressunlust vor.
Darüber
hinaus hat die Kältestarre vermutlich Einfluss auf das zu erreichende Alter
der Tiere, denn in diesem Ruhezustand, bei dem der Stoffwechsel nahe Null
liegt, altern die Zellen entsprechend langsamer, als wenn die Tiere durchgehend
warm gehalten würden.
3.
Kardinalfehler
Auf
die häufigsten Fehler, vor oder während der Überwinterung möchte ich nun genauer
eingehen:
3.1 Es wird gar nicht überwintert!
Aus Angst und Unwissenheit verzichten viele Halter auf eine Überwinterung
oder beginnen sie erst, wenn die Tiere größer sind. Aus den oben genannten Gründen
sollte auf jeden Fall eine Überwinterung durchgeführt werden, auch mit Schlüpflingen.
3.2 Es wird zu kurz überwintert!
Gerade bei Jungtieren neigen viele Halter, aus Angst, die kleinen Tierchen könnten sonst schaden nehmen, dazu,
die Tiere nur 2-4 Wochen einzuwintern,. Das ist eindeutig zu kurz! Auch Schlüpflinge sollten für 8-10 Wochen eingewintert werden.
3.3 Es wird zu warm überwintert!
Die optimalen Überwinterungstemperaturen für europäische Landschildkröten
liegen um die 4°C, eine Ausnahme bildet hier nur Testudo (Agrionemys) horsfieldii, die kälter
überwintert werden sollte.
Testudo hermanni hermanni kann, je nach Herkunft, auch etwas wärmer überwintert
werden (ca. 6°C).
Bei nicht ausreichend kalter Überwinterung kommt es zu Gewichtsverlusten,
da der Stoffwechsel nicht vollständig zum Stillstand kommt. Darüber hinaus
besteht die Gefahr, dass sich die Tiere über nicht ausgeschiedene Stoffwechselprodukte
vergiften.
3.4 Es wird zu trocken überwintert!
Gerade bei der Kühlschranküberwinterung kommt es oft zur zügigen Austrocknung
des Substrats. Bei zu trockenem Substrat kommt es durch Flüssigkeitsverlust
oft zu Gewichtsverlusten, die zur Schädigung bis hin zum Tod führen können.
Eine Ausnahme bildet hier wieder Testudo (Agriomemys) horfieldii, die im trockenen
Substrat bei hoher Luftfeuchtigkeit überwintert werden sollte.
Trockenes Substrat neigt, je nach Beschaffenheit, außerdem zur Staubbildung
und kann somit die Atemwege der Tiere belasten.
3.5 Es wird zu feucht überwintert!
Eher selten werden die Tiere zu feucht überwintert, kommt es aber zum Nässestau
im Substrat kann dies zur Schimmelbildung führen, die die Atemwege beeinträchtigen
kann. Außerdem leistet zu nasses Substrat Infektionen
des Panzers und der Haut Vorschub.
3.6 Es wird falsches Substrat verwendet!
Die Substratwahl ist ebenfalls sehr wichtig für eine artgerechte Überwinterung.
Die Verwendung ausschließlich trockener Substrate wie z.B. ausschließlich
Laub, ermöglicht nur eine unzureichende Feuchtigkeitsregulierung. Torfsubstrate
sind aufgrund ihrer Struktur nach dem Austrocknen meist schwer wieder zu befeuchten
und neigen zu Staubbildung, auch auf stark
gerbsäurehaltige Laubsorten ( z.B. Walnuss- oder Eichenlaub) sollte
verzichtet werden.
Komposterden neigen aufgrund ihres Gehalts an zahlreichen Mikroorganismen
zur Schimmelbildung. Reiner Sand verdichtet sehr schnell und ist zu fein, ton- oder lehmhaltige
Böden verkleben meist zu stark.
3.7
Es wird zu wenig Substrat verwendet!
Gerade bei der Kühlschranküberwinterung wird oft am Substrat gespart, dabei
ist es wichtig, daß den Tieren die Möglichkeit gegeben wird, sich komplett
einzugraben. Dies gewährleistet zum einen eine ausreichende Feuchtigkeitsversorgung
(ausreichend angefeuchtetes Substrat vorausgesetzt) und puffert eventuelle
Temperaturschwankungen ab.
4.
Welche Arten werden eingewintert?
Grundsätzlich
gelten die hier gemachten Angaben für alle Landschildkröten, die vom europäischen
Festland stammen:
Testudo
hermanni Griechische Landschildkröte
Testudo
marginata Breitrandschildkröte
Testudo
graeca (ibera) Maurische Landschildkröte
Testudo
(Agrionemys) horsfieldii Vierzehenlandschildkröte
(letztere
leicht abweichend bzw. mit Einschränkung, siehe Text)
Allerdings
kann es je nach Herkunft individuelle Abweichungen geben, z.B. bezüglich der
Dauer der Überwinterung. Die Angaben gelten darüber hinaus überwiegend für
Tiere von Sardinien und Korsika, auch wenn die Ruhephase
hier etwas kürzer sein sollte.
Mallorkinische
Tiere dürfen, ebenso wie Testudo graeca graeca aus Spanien, auf keinen Fall
zu lange und kalt überwintert werden. Bei diesen und grundsätzlich allen Tieren,
deren Herkunft bekannt ist, sollten sich Länge und Temperatur der Überwinterung
an den klimatischen Bedingungen der Heimatländer orientieren.
Grundsätzlich
sind Nachzuchttiere toleranter als Wildfänge.
5.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Eingewintert
werden sollten nur gesunde Tiere, unabhängig vom Alter, dass heißt auch Schlüpflinge
sollten bereits im 1. Winter eingewintert werden.
Eine
Einschätzung des Gesundheitszustandes ist vielen Haltern im Laufe der Jahre
aus Erfahrung möglich, sollte man hier jedoch unsicher sein, so kann als ein
wichtiger Indikator die Gewichtsentwicklung der Tiere herangezogen werden.
Alle
Tiere, egal ob juvenil oder adult, verzeichnen eine Gewichtszunahme im Frühjahr,
wobei diese natürlich bei
Jungtieren prozentual höher ist. Zum
Sommer verlangsamt sich der Zuwachs und kommt bei adulten Tieren zum Stehen.Jungtier
nehmen zum Teil bis in den Spätsommer hinein an Gewicht zu.Ab
dem Spätsommer und im Herbst verlieren die Tiere dann leicht an Gewicht.
Grund
für eine Abweichung dieser Entwicklung nach unten kann z.B. ein Parasiten-
oder Einzellerbefall sein.Bei
Jungtieren sollte das Gewicht vor der Überwinterung merklich über dem des
Frühjahres (nach der Überwinterung) liegen.
Um
einen derartigen Befall auszuschließen, sollte einige Wochen vor der Einwinterung
eine Kotprobe zur Untersuchung eingesandt oder beim Tierarzt untersucht werden.
Wichtig ist hier insbesondere für den Einzellernachweis, dass der Kot möglichst
frisch ist. Zwischen einer abgeschlossenen Wurmkur und dem Beginn der Einwinterung
sollten ca. 8 Wochen liegen, in denen das Tier frisst und aktiv ist, damit
eine vollständige Ausscheidung der Medikamente gewährleistet ist.
Bei
geringem Befall mit z.B. Oxyuren ist eine Einwinterung meist trotzdem möglich,
sollte aber in Absprache mit einem reptilienkundigen Tierarzt geschehen.
6.
Dauer der Überwinterung
Die
Dauer der Überwinterung richtet sich zunächst nach der Herkunft der Tiere,
falls diese bekannt sein sollte. Grundsätzlich brauchen Tiere aus höheren
Lagen und/oder eher kontinental beeinflussten Bereichen längere Überwinterungszeiten.
Adulte
Tiere der europäischen Festlandarten können meist problemlos 4-5 Monate überwintert
werden, bei Jungtieren ist eine Abhängigkeit vom Alter sinnvoll. Bei Jungtieren
bis etwa 300 Gramm sollte eine Überwinterung von 12 Wochen nicht überschritten
werden, Schlüpflinge überwintern 8-10 Wochen.
7.
Unterschiede zur Natur
Über
die Verhaltensweisen europäischer Landschildkröten während der Überwinterung
in der Natur ist relativ wenig bekannt. Grundsätzlich scheinen die Tiere relativ
unempfindlich gegen kurzzeitige Frostperioden zu sein. Es sind einige Berichte
von festgefrorenen Tieren bekannt, die sich nicht ausreichend vergraben hatten,
nach der Kältestarre jedoch ohne ersichtliche Probleme wieder aufwachten.
Inwieweit
die Tiere mehrere Wochen oder gar Monate durchgehende Ruhephasen abhalten,
dürfte stark von der Herkunft der Tiere abhängen, Tiere aus Hochlandgebieten
werden z.B. sicherlich eher durchgehend in Kältestarre fallen.
Aufgrund
der klimatischen Gegebenheiten ist davon auszugehen, dass die Tiere durchaus
bei höheren Temperaturen ihre Ruhephase unterbrechen, ob dabei auch gefressen
wird, ist unklar.
Die
längste Ruhephase ist bei Testudo (Agrionemys) horsfieldii
zu verzeichnen, die ein halbes Jahr und länger andauern kann. Manchmal
geht die Sommerruhe direkt in die Winterstarre über.
Als
wichtige natürliche Faktoren sind Temperatur, Licht und Dauer der Überwinterung
möglichst nah der Natur nachzuempfinden.
Eine
Nachahmung aller natürlichen Verhältnisse ist schwierig und auch nicht unbedingt
wünschenswert. So überwintern natürlich auch Jungtiere in der Natur in etwa
so lange wie adulte Tiere, vermutlich jedoch mit entsprechenden Verlusten.
Auch kränkelnde Tiere fallen in Kältestarre und werden im Zweifelsfall den
nächsten Frühling nicht erleben. Diese natürliche Auslese nachzuahmen liegt
wohl kaum im Interesse des Halters.
8.
Vorbereitung
8.1
Im Freiland
Bei
einer reinen Freilandhaltung mit sich direkt anschließender Winterruhe, entfällt
eine Vorbereitung durch den Halter. Durch sich verkürzende Tageslängen und
sinkende Außentemperaturen (insbesondere nachts), bereiten sich die Schildkröten
wie in der Natur auch, auf die Ruhephase vor.
Nach
Einstellung der Nahrungsaufnahme etwa Anfang bis Mitte Oktober, kommen die
Tiere immer seltener hervor und wenn, dann nur noch zum Sonnen. In dieser
Zeit wird trotzdem Kot und Harnsäure abgesetzt, ein Indiz dafür, dass die
Tiere ihren Darm langsam entleeren. Etwa ab Ende Oktober kommen die Tiere
meist nicht mehr aus ihren Verstecken, sodass ihr Außenquartier jetzt entsprechend
für die Überwinterung vorbereitet werden sollte bzw. die Tiere zur Überwinterung
direkt in den Kühlschrank überführt werden sollten.
Der
Verbleib der Tiere bis zur Ruhe im Freiland empfiehlt sich für alle Tiere,
da so die aufwendige Vorbereitung im Haus entfällt.
8.2
Im Terrarium
Die
Vorbereitung im Terrarium ist die schwierigere und weitaus aufwendigere Variante,
hier passieren die meisten Fehler, da die auslösenden externen Reize für die
Ruhephase künstlich hervorgerufen werden müssen.
Mit
Beginn der Vorbereitung bekommen die Tiere weniger zu fressen nach 1 Woche
nichts mehr. Die Tiere werden über 2 Wochen möglichst 1-2 mal pro Woche in
maximal handwarmen Wasser gebadet, dadurch wird die Darmentleerung stimuliert
und die Tiere nehmen Flüssigkeit auf.
Das
Baden der Tiere ist nicht unumstritten, ist aber bei einer Vorbereitung im
Terrarium zur Unterstützung der Darmentleerung notwendig. Dabei sind die Tiere
maximal handwarm zu baden. Zu hohe Temperaturen regen den Stoffwechsel der
Tiere zu stark an und sollten daher unterbleiben, da das Ziel der Vorbereitung
ja gerade eine Absenkung der Stoffwechselaktivität ist.
Die
Bäder sollten in der Zeit der regulären Wärmebestrahlung stattfinden, damit
die Tiere nach dem Bad abtrocknen können.
Gleichzeitig wird die Beleuchtungsdauer täglich einige Minuten verkürzt, dies
gilt sowohl für Wärme- als auch rein lichtspendende Lampen (z.B. Leuchtstoffröhren).
Bevor
die Tiere in die Überwinterungskiste einsetzt werden, sollte so schonend wie
möglich in Richtung der Überwinterungstemperatur abgesenkt werden. Dies geschieht
über einen Zeitraum von circa 3 Wochen. Allerdings liegt hier meist das große
Problem in der Umsetzung in normalen Wohnräumen, da es meist zu wenig unterschiedlich
temperierte Bereiche gibt, die wichtige deutliche Nachtabsenkung ist meist
nicht realisierbar.
Nachts
sollte die Temperatur unter 15°C sinken, nach der 2. Woche möglichst unter
10°C. Die deutliche Nachtabsenkung ist aus meiner Erfahrung mit einer der
wichtigsten Faktoren.
Um
diese Absenkungen zu erreichen, müssen die Tiere, notfalls mit ihrem Terrarium
in entsprechend temperierte Bereiche verbracht werden. Geeignet sind dafür
z.B. Treppenhäuser, Dachböden oder auch Kelleräume, eine vorherige Temperaturmessung
gibt Aufschluss über die Eignung eines Raums.
Wichtig ist die genaue Beobachtung der Tiere während der Vorbereitungszeit!
Die
Tiere werden bei richtiger Behandlung langsam träge und verkriechen sich mehr
und wollen auch nicht mehr fressen. Wenn die Tiere weiterhin umherlaufen und
nach Futter suchen, hat man entweder etwas falsch gemacht oder aber die Tiere
sind nicht gesund.
In der 3. Woche sollte die Wärmebeleuchtung ganz abgeschaltet sein. Die Tiere
sollten nun kaum noch aus ihren Verstecken hervorkommen und können am Ende
der 3. Woche in die Überwinterungskiste gesetzt werden.
9.
Überwinterung im Freiland
Während
die Tiere sich im Freiland quasi „allein“
auf die Ruhephase vorbereiten, bedarf der Überwinterungsort im Freien besonderer
Aufmerksamkeit. Drei Grundregeln sind hierbei zu beachten:
Der
Überwinterungsort muss:
è frostsicher,
è nagersicher und
è regensicher
sein.
Da
die klimatischen Bedingungen in unseren Breiten meist, besonders im Frühjahr
und Herbst, deutlich nach unten von den Heimatbiotopen abweichen, ist bei
dieser Variante eine Verlängerung der Aktivitätsphase durch Frühbeete/Gewächshäuser
(evtl. auch beheizt) ratsam.
Der
Aufwand einer ausreichenden Frostsicherung ist je nach Standort unterschiedlich
hoch. Schutzhütten sollten großvolumig sein und der ins Erdreich geführte
Überwinterungsbereich nicht nur mit starkem Draht gesichert, sondern möglichst
zusätzlich isoliert werden.
Gut
geeignet sind z.B. Styrodurplatten, ein Isolierstoff aus dem Baubereich. Die
Isolierwirkung ist besser als bei herkömmlichen Styropor, außerdem lassen
sich die Platten ohne lästiges „Krümeln“ verarbeiten. Es gibt die Platten
in verschiedenen Stärken. Abbildung 1 zeigt die schematische Darstellung einer
Überwinterungshütte: Die Hütte selbst ist aus wetterfesten Betonschalplatten
gefertigt und mit 2 cm dicken Styrodurplatten isoliert. Sie steht auf einem
Fundament aus Rasenkantensteinen.
Im
Boden ist ein Drahtkorb versenkt, der die Grundfläche der Hütte hat und etwa
50 cm in den Boden hineinreicht, er ist mit einem lockeren Rinde-Erde-Gemisch
gefüllt, in dem sich die Tiere eingraben können. Der Drahtkorb ist ebenfalls
bis zu einer Höhe von 30 cm mit 4 cm dicken, im Boden versenkten Styrodurplatten
isoliert.
Zur
weiteren Isolierung wird die Hütte mit Laub und Stroh bis zum Rand gefüllt.
Im Abstand von circa 30 cm werden rund um die Hütte Kunststoffplatten o.ä.
aufgestellt und der Zwischenraum mit Laub, Rasenschnitt und ähnlichem aufgefüllt.
Solche organischen Stoffe haben den Vorteil, dass in ihnen durch Zersetzungsprozesse
zusätzlich eine Grundwärme erzeugt wird.
Das Ganze wird zum Schutz vor Regen und Schnee mit einer Luftpolsterfolie
abgedeckt.
Natürlich
muss der Eingang der Hütte fest verschlossen sein, um zum einen ein Eindringen
von Nagern zu und das Verlassen der schützenden Hütte in Wärmephasen zu verhindern.
10.
Überwinterung im Kühlschrank oder im Haus
10.1
Der richtige Platz
Wenn
man keine Kühlschranküberwinterung durchführt sollte der Überwinterungsort
neben den oben genannten Temperaturen noch andere Kriterien erfüllen: Es sollte
ein ruhiger und dunkler Ort sein, an dem nicht ständig hin und her gelaufen
wird. Temperaturverändernde Faktoren wie z.B. stark sonnebeschienene Fenster
oder eine Überwinterung auf schlecht isolierten Dachböden sind in jedem Fall
zu vermeiden.
Eine Temperaturmessung am angedachten Platz über einige Wochen kann helfen,
zu beurteilen, ob der Ort geeignet ist oder nicht.
Sollte kein ausreichend kühler Keller zur Verfügung stehen, so gibt es auch
die Möglichkeit in Garagen, Gartenhäusern, z.T. auch auf gut isolierten Dachböden
zu überwintern, wenn sie nur die o.g. Kriterien erfüllen. Insbesondere bei
Garagen und Gartenhäusern muss auf die Frostsicherheit geachtet werden, notfalls
sollte eine Frostwächter angebracht werden.
10.2
Die Überwinterungsbox
Für die Überwinterung sind Holz- oder Kunststoffkisten geeignet. Holzkisten
sind am besten mit starker Folie auszuschlagen, um Schimmel o.ä. zu vermeiden.
Dabei
sollten nicht zu viele Tiere in eine Kiste gesetzt werden, damit evtl. unruhige
Tiere die anderen nicht stören. Auch sollten die Tiere ein wenig Bewegungsfreiheit
haben, da viele Schildkröten gerade in der Anfangszeit der Winterruhe erst
noch die richtige Position finden müssen.
In nagergefährdeten Kellerräumen muss die Kiste beißdicht sein und mit stabilem
feinmaschigen Draht oben abgedeckt werden.
10.3
Die Befüllung
Die
Überwinterungskiste sollte zuunterst eine Schicht Blähton/Seramis enthalten.
Um die Feuchtigkeit konstant hoch zu halten, muss sie so gewässert werden,
dass gerade kein Wasser stehen bleibt.
Darauf
wird eine Lage feuchte (nicht nasse!) Gartenerde oder Rindenhumus geschichtet
und leicht festgeklopft, diese sollte mindestens die Höhe des größten Tieres
haben. Auf diese Schicht kommt nun eine Lage lockeres Laub. Am besten geeignet
ist hier Buchenlaub, da es nur langsam zerfällt und keine für die Schildkröten
bedenklichen Stoffe enthält. Natürlich sollte das Laub nicht an der Straße
gesammelt werden!
Eichen-
und auch Walnusslaub zerfallen zwar langsam, enthalten aber Gerbsäure und
sind daher nicht geeignet. Als Abdeckung kann auch Sphagnum-Moos verwendet
werden, es speichert recht gut die Feuchtigkeit. Einige Halter verwenden es
mit Erfolg auch als ausschließliches Überwinterungssubstrat.
Alternativ kann man auch nur in feuchtem, schon leicht zersetztem Laub aus
dem Wald überwintern, hier muss aber öfter nachbefeuchtet werden.
Torf und Torfprodukte sind ungeeignet,
da sie beim Trockenwerden sehr schnell stauben. Ebenso ungeeignet ist Komposterde,
diese erhöht aufgrund ihres hohen Gehalts an Mikroorganismen, Bakterien usw.
die Gefahr von Infektionen der Tiere.
Kokosfasern
haben einen sehr niedrigen PH-Wert und sind zudem teilweise stark mit Pestiziden
belastet und sollten daher nicht verwendet werden, auch nicht als normales
Bodensubstrat.
10.4
Im Kühlschrank
In
den letzten Jahren sind immer mehr Halter dazu übergegangen, die Tiere im
Kühlschrank zu überwintern. Auch bei mir hat sich die Methode u.a. für Jungtiere
bewährt, allerdings gibt es einiges zu beachten:
Die Tiere sollten in einem eigens dafür vorgesehenen Kühlschrank überwintern
und nicht etwas im Gemüsefach des Lebensmittelkühlschranks. In normalen Kühlschränken
gibt es eine Kälteschichtung von unten nach oben, d.h. die niedrigsten Temperaturen
werden unten gemessen, die höchsten oben. Daher sind reine Getränkekühlgeräte,
die mit einem internen Lüfter ausgestattet sind und dadurch überall annähernd
die gleiche Temperatur aufweisen, besser geeignet, allerdings auch nicht ganz
preiswert.
Gerade bei älteren Kühlschränken ist eine Absicherung mittels Frostwächter
sinnvoll, falls der Kühlschrankthermostat ausfällt. Außerdem muss bei alten Kühlschränken unbedingt während eines Probelaufs
den Temperaturverlauf kontrolliert werden.
Wenn
der Kühlschrank im ruhenden Zustand 4°C hält, ist es gut möglich, dass er
während der aktiven Kühlphase aufgrund von Thermostaungenauigkeiten bis auf
unter 0°C kühlt, was den Tieren schaden könnte.
Wichtig
ist auch ein regelmäßiges Besprühen des Überwinterungssubstrates, da dieses
im Kühlschrank schneller austrocknet.
10.5
Kontrolle
Am
Anfang der Winterruhe sollte man sowohl in Kellerräumen als auch im Kühlschrank
täglich überprüfen, ob die Temperaturen den gewünschten Werten entsprechen.
Bei richtiger Temperatur und ordnungsgemäßer Winterruhevorbereitung sollten
gesunde Tiere spätestens nach einigen Tagen zur Ruhe gekommen sein.
Bei Tiere, die auch noch nach 1 Woche ständig unruhig in der Kiste scharren,
sollte die Einwinterung sicherheitshalber abgebrochen werden, denn sie könnten
krank sein.
Wöchentlich sind Temperatur und Feuchtigkeit
zu überprüfen und bei Bedarf zu regulieren.
Bei
einer Kühlschranküberwinterung ist dabei wöchentlich die Tür einige Minuten
zu öffnen, um für einen Luftaustausch zu sorgen.
Eine Gewichtskontrolle kann 1x monatlich durchgeführt werden, bei vorschriftsmäßiger
Überwinterung nehmen die Tiere aber kaum ab, zum Teil durch Feuchtigkeitsaufnahme
sogar zu.
Es
ist ein Irrtum, dass sich Schildkröten in der Winterruhe ihren "Speck"
runterhungern.
Sollten die Tiere deutlich an Gewicht verlieren, so ist entweder die Überwinterungstemperatur
zu hoch und/oder das Substrat nicht feucht genug!
11.
Das Erwachen der Tiere
Das
"Aufwecken" von Tieren, die im Haus oder Kühlschrank überwintert
werden, kann schneller vonstatten gehen als die Vorbereitung.
Nach
der gewünschten Überwinterungsdauer werden die Tiere zunächst aus dem Kühlschrank
genommen oder in einen etwas wärmeren Raum bei 10-15°C überführt. Nach 2-3
Tagen werden die Tiere unruhig und krabbeln aus dem Substrat und verbleiben
weitere 2 Tage in diesem Raum. Dabei ist darauf zu achten, dass die Tiere
ihre Überwinterungskisten nicht verlassen können.
An
den folgenden 2 Tagen wird die Kiste
ohne Beleuchtung bei Raumtemperatur aufgestellt. Anschließend werden die Tiere
maximal handwarm gebadet oder einfach besprüht und ins Terrarium überführt.
Die
Beleuchtungsdauer wird jetzt entsprechend umgekehrt zur Vorbereitungsphase
wieder erhöht.
Nach 1-5 Tagen fressen die Tiere meist wieder. Wichtig ist, stets Trinkwasser
bereitzustellen.
Große Tiere, die eine längere Winterruhe halten, können auch direkt nach draußen
ins beheizte Frühbeet oder Gewächshaus überführt
werden und dort "natürlich" aufwachen.
Im
Freiland wird ab Ende März der Zugang zum Haus geöffnet, so dass die Tiere
ins Frühbeet oder Freiland kommen können. Eventuell muss ein Teil das Substrates
aus dem Haus entfernt werden, damit die Tiere die ansteigenden Temperaturen
registrieren. Abends ist auf jeden Fall zu überprüfen, ob alle Tiere wieder
ausreichend im Substrat vergraben sind (Frostgefahr).
12.
Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden
Natürlich
hat jede der oben genannten Überwinterungsmethoden Vor- und Nachteile.
Hervorzuheben
ist bei der Freilandüberwinterung ganz klar der letztlich geringere Aufwand,
wenn die notwendigen Einrichtungen (Schlafhaus etc.) erst einmal vorhanden
sind. Auch ein Nachfeuchten des Substrates entfällt.
Ein
weiterer Vorteil ist i.d.R., dass draußen ausreichend Platz vorhanden ist,
um auch größere Tiergruppen zu überwintern. Ein klarer Nachteil ist die fehlende
Kontrolle der Tiere, unruhige oder kranke Tiere werden nicht bemerkt, daher
ist hier die Vorkontrolle sehr wichtig.
Die
Gefahr von Verlusten durch unzureichende Isolierung oder mangelhaften Nagerschutz
besteht natürlich auch. Eventuelle
Temperaturschwankungen können kaum beeinflusst werden, was insbesondere in
Regionen mit strengen Wintern oder aber plötzlichen Warmphasen im Winter (Stichwort:
Fönwinde) Probleme bereiten kann.
Außerdem
kommt für Jungtiere die Methode meist schon deshalb nicht in Frage, da Überwinterungsphasen
von 4-5 Monaten hohe Risiken bei jungen Tieren bergen. Sie verkraften eventuell
auftretende Minusgrade und/oder zu
hohe Feuchtigkeit aufgrund ihres geringeren Köpervolumens schlechter.
Eine
Kühlschranküberwinterung schließt den Zugriff durch Nager meist aus und gewährleistet
bei richtiger Einstellung eine gleichbleibende Temperatur. Der Pfleger kann
außerdem regelmäßig nach den Tieren schauen und den Zustand der Tiere überprüfen.
Ein Nachteil ist auf jeden Fall das beschränkte Platzangebot, denn um
größere Gruppen von adulten Tieren einzuwintern, wird meist mehr
als ein Kühlschrank benötigt, die neben der Anschaffung entsprechende Stromkosten
verursachen.
Andererseits
lohnt sich die Anschaffung eines Geräts
für beispielsweise nur 2 Nachzuchten kaum. Bei alten Geräten besteht zudem
die Gefahr eines Thermostatausfalls, der zu Minusgraden im Gerät und damit
zum Tod der Tiere führen kann. Alte Geräte kühlen darüber hinaus sehr ungleichmäßig
und zum Teil recht ungenau. Bei einer Überwinterung in Keller, Garage, Gartenhaus
oder auf dem Dachboden handelt es sich sicherlich um die kostengünstigste
Möglichkeit, allerdings ist es hier oft schwierig, halbwegs konstante Temperaturen
zu erreichen oder aber die Bereiche frostfrei zu halten.
Abschließend lässt sich sagen, dass neben den oben genannten sicherlich
zahlreiche weitere Methoden der Überwinterung existieren, die genannten Grundbedingungen
in punkto Temperatur, Substrat etc. sollten aber immer eingehalten werden.
Abweichende oder modifizierte Methoden, braucht man natürlich, sofern man
gute Erfahrungen damit gemacht hat, nicht verändern.
Haftungsausschluß:
Trotz sörgfältiger Recherche und Prüfung aller hier gemachten Angaben, übernimmt
der Verfasser keine Haftung für Schäden, die durch Nachahmung entstehen.
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